Reichspogromnacht am 9.11.1938

Die Nacht der Schande

Am 9.11.2023 jährt sich die Reichskristallnacht, auch Reichspogromnacht genannt, zum 85. Mal. Die Reichspogromnacht war eine von den Nationalsozialisten organisierte und gelenkte Welle von Gewalt gegen die jüdische Bevölkerung im Deutschen Reich. Sie fand in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 statt und war ein Wendepunkt in der Verfolgung und Vernichtung der Juden in Europa.

Die Reichskristallnacht wurde von den Nazis als Reaktion auf das Attentat auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath in Paris durch den polnisch-jüdischen Jugendlichen Herschel Grynszpan inszeniert. Die NS-Propaganda behauptete, dass es sich um einen spontanen Ausbruch des Volkszorns handelte, der von der jüdischen Weltverschwörung provoziert worden sei. In Wirklichkeit waren die Ausschreitungen von der NSDAP, der SA, der SS und der Gestapo geplant und koordiniert worden.

In der Reichskristallnacht wurden mehr als 1400 Synagogen, Gebetshäuser und andere jüdische Einrichtungen in Brand gesteckt oder zerstört. Tausende jüdische Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe wurden geplündert und verwüstet. Die Schaufenster der jüdischen Läden wurden eingeschlagen, wodurch die Straßen mit Glasscherben bedeckt waren. Daher rührt der zynische und verharmlosende Begriff “Kristallnacht”. Mehrere hundert Juden wurden ermordet oder in den Suizid getrieben. Etwa 30.000 jüdische Männer wurden verhaftet und in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen deportiert, wo viele von ihnen misshandelt oder getötet wurden. Die jüdische Gemeinschaft wurde zudem gezwungen, eine “Sühneleistung” von einer Milliarde Reichsmark zu zahlen und für den Schaden aufzukommen, den die Nazis angerichtet hatten.

Die Reichskristallnacht markierte den Übergang von der Diskriminierung und Ausgrenzung der Juden zu ihrer systematischen Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung. Die internationale Öffentlichkeit reagierte mit Empörung und Protest auf die Pogrome, doch die meisten Länder schlossen ihre Grenzen für die jüdischen Flüchtlinge. Die Kirchen und die meisten Deutschen schwiegen oder billigten die Gewalt. Nur wenige Menschen leisteten Widerstand oder halfen den Verfolgten. Die Reichskristallnacht ist ein Symbol für die Barbarei und den Rassismus des Nationalsozialismus und ein Mahnmal für die Menschlichkeit und die Menschenrechte.

Die Novemberpogrome in Biblis

Auch Biblis war ein Teil der Novemberpogrome 1938, die im ganzen Deutschen Reich stattfanden. In Biblis, lebten damals etwa 50 Juden, die eine kleine Synagoge und einen Friedhof besaßen. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge von SA-Männern in Brand gesteckt und völlig zerstört. Die Feuerwehr durfte nur die umliegenden Häuser schützen, nicht aber das jüdische Gotteshaus löschen. Die jüdischen Bewohner wurden aus ihren Wohnungen gezerrt, misshandelt und gedemütigt. Einige wurden verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert, wo sie später starben. Die jüdischen Geschäfte wurden geplündert und verwüstet. Die jüdische Gemeinde wurde zudem gezwungen, eine “Sühneleistung” von 5000 Reichsmark zu zahlen und für den Schaden aufzukommen, den die Nazis angerichtet hatten.

Aufn. Rudi Dörr, 2014, aus: biblis.eu

Die Reichskristallnacht in Biblis war ein Symbol für die Barbarei und den Rassismus des Nationalsozialismus und ein Mahnmal für die Menschlichkeit und die Menschenrechte. Heute erinnert eine Gedenktafel an der Stelle, wo die Synagoge stand, an die Opfer der Pogrome. Auch der jüdische Friedhof ist erhalten geblieben und wird gepflegt.

Zeitzeugen aus Biblis

Laut einem Bericht des Pfarrers von Biblis, Wilhelm Diehl, gab es in der Gemeinde einige SA-Männer, die sich an der Zerstörung der Synagoge und der jüdischen Geschäfte beteiligten. Sie wurden von der NSDAP angestiftet und erhielten dafür Alkohol und Zigaretten. Die meisten anderen Einwohner von Biblis waren jedoch nicht an den Ausschreitungen beteiligt und verurteilten sie auch. Diehl schrieb: „Die Bevölkerung war entsetzt über das Geschehen und hat sich in keiner Weise daran beteiligt. Die meisten haben sich in ihren Häusern versteckt und die Fenster geschlossen. Es herrschte eine bedrückende Stimmung in der ganzen Gemeinde.“1

Diehl selbst gehörte zu den wenigen, die sich offen gegen die Gewalt aussprachen und den Juden Hilfe anboten. Er besuchte die jüdischen Familien, tröstete sie und bot ihnen an, sie in seinem Pfarrhaus zu verstecken. Er kritisierte auch die Pogrome in seiner Predigt am folgenden Sonntag und forderte seine Gemeinde auf, sich nicht von der NS-Propaganda täuschen zu lassen. Er sagte: „Wir müssen uns fragen, ob wir noch Christen sind, wenn wir zulassen, dass unsere jüdischen Mitbürger so behandelt werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass Jesus selbst ein Jude war und dass wir alle Kinder Gottes sind. Wir müssen uns für die Wahrheit und die Gerechtigkeit einsetzen, auch wenn wir dafür verfolgt werden.“1

Diehl war nicht der einzige, der den Juden in Biblis half. Einige andere Einwohner, wie der Bäckermeister Jakob Schmitt, der Schreinermeister Heinrich Schäfer und der Landwirt Johann Müller, boten den Juden ebenfalls Unterschlupf, Nahrung oder Geld an. Sie riskierten damit ihr Leben, denn die Nazis bestraften jeden, der den Juden half, mit Gefängnis oder Schlimmerem. Trotzdem zeigten sie Mut und Mitgefühl und retteten so viele Menschen vor dem sicheren Tod.2

Die Reaktionen der Menschen in Biblis auf die Reichskristallnacht zeigen, dass es auch in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte Menschen gab, die sich nicht von der NS-Ideologie verführen ließen, sondern an ihren christlichen Werten festhielten. Sie sind ein Beispiel für Zivilcourage und Menschlichkeit, die wir heute noch brauchen.

Quellen:

  • Evangelische Kirche in Deutschland 1)
  • studiflix.de 2)

Antisemitismus in Deutschland heute

Antisemitismus in Deutschland heute ist ein ernstes und aktuelles Problem, das verschiedene Formen und Ursachen hat:

Quellen:

  • Die Welt 1)
  • Deutsche Welle 2)
  • Der Spiegel 3)
  • Bundeszentrale für politische Bildung 4) 5)

Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Hamas Attentat vom 7.10.2023

Aufgrund des Terrorangriffs der Hamas auf Israel 2023 und dem Beginn des Krieges in Israel und in Gaza am 7. Oktober 2023 kam es weltweit zu antisemitischen Ausschreitungen während des Krieges in Israel und Gaza. Im Verlauf des Krieges und als Reaktion auf die laufenden Ereignisse traten zahlreiche Vorfälle von Parolen, Ausschreitungen und Angriffen auf, die hauptsächlich durch antisemitische oder antiisraelische Motive geprägt waren und sind.

Quelle: Tagesspiegel

In Deutschland registrierte die Polizei 360 Straftaten im Zusammenhang mit dem Krieg, darunter 19 Körperverletzungen. Der Bundesverband der Recherche und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) beobachtete hierzulande seit dem Großangriff der Hamas am 07. Oktober 2023 einen deutlichen Anstieg an antisemitischen Vorfällen.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Hass und Vorurteile in keiner Form akzeptabel sind und dass wir alle eine Rolle dabei spielen, ein friedliches und respektvolles Miteinander zu fördern.
Eine bemerkenswerte Rede zu diesem sensiblen Thema in Deutschland, hielt unser Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck.

Quelle: Twitter.com

Gedenken an den 9.11.1938

Aufgrund der aktuellen Situation in Deutschland, befeuert durch die Israel feindlichen Demonstrationen, maßgeblich herbeigeführt durch den barbarischen Terrorangriff auf die Zivilbevölkerung am 7.10.2023 in Israel, ist es wichtiger als je zuvor der Pogromnacht von 1938 zu denken. Die Zivilgesellschaft in Deutschland ist aufgefordert eindeutig Stellung zu beziehen gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Hetze gegen Minderheiten und Ausgrenzung aufgrund der Religion oder der sexuellen Neigung. In Deutschland sind rechtsradikale politische Ziele und populistische Aussagen wieder salonfähig, was sich in den letzten Wahlergebnissen der AfD in Hessen und Bayern widerspiegelt. Die Toleranz gegenüber Andersdenkenden geht gegen Null, ausreden lassen und zu hören ist nicht mehr Bestandteil einer Diskussion, wer am lautesten schreit bekommt Recht.
Geht am 9.11.2023 auf die Straße, besucht Gedenkveranstaltungen, setzt ein Zeichen gegen den aufkeimenden Antisemitismus.
Es ist heute wichtiger denn je.

Das könnte interessant sein Powered by AdWol Online Werbung

Biblis hat eine neue Bürgerinitiative – Bürgerinitiative Asylunterkunft Biblis

Die Initiatoren und deren Ziele Die Bürgerinitiative möchte die geplante Unterkunft für Flüc...

Der Spitzenkandidat der Freien Liste Biblis (FLB) träumt von 40% bei der Kommunalwahl 2021

In einem Beitrag im Mannheimer Morgen vom 2.03.2021 hat Hans – Peter Fischer folgendes Ziel für ...

Wer ist der Gründer der Freien Liste Biblis (FLB) Hans – Peter Fischer wirklich?

Wir wollen Sie auf dieser Seite aufklären, wer Hans Peter Fischer wirklich ist. Er repräsentiert ...

Kommentar hinterlassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.